Liquiditätsplanung als Mittel zur Krisenbewältigung in KMUs
Axel Deilmann
Unternehmensberater
Die Liquiditätsplanung ist von jeher ein wichtiges Instrument der Finanzplanung, welche zum Zwecke der Unternehmenssteuerung ein unerlässliches ist. In KMUs fristet sie oftmals ein stiefmütterliches Dasein. Die Liquiditätsplanung im Sinne ausreichender Liquidität ist oft mehr im Kopf des Unternehmers oder in dessen Bauchgefühl verortet. Bei positiver Unternehmensentwicklung ergeben sich im praktischen Unternehmensalltag selten Probleme.
Diese komfortable Situation kann sich schlagartig ändern, wenn unvorhergesehene Ereignisse das Unternehmen treffen. Dies wird in diesem Jahr insbesondere durch die Corona-Krise besonders stark deutlich. Diese negativen Auswirkungen treffen viele kleine und mittlere Unternehmer bis ins Mark. Vorteilhaft sind die verschiedenen Zuschüsse und Liquiditätshilfen, die der Staat zur Abwehr der Liquiditätskrise gewährt. Aber wie lange reichen diese Mittel aus? Und hält das Unternehmen durch, bis sich die Geschäftslage nach Überwindung der Krise wieder normalisiert hat? Und wann wird das sein?
Spätestens jetzt macht eine gut strukturierte Liquiditätsplanung großen Sinn. Eine strukturierte Liquiditätsplanung heißt, nicht einfach voraussichtliche Einnahmen und Ausgaben gegenüberzustellen, sondern die Liquiditätsplanung als einen Bestandteil der Unternehmensplanung zu begreifen. Sinnvollerweise wird die Liquiditätsplanung aus einer dynamischen Ertragsplanung abgeleitet. Die Ertragsplanung bietet die Basis. Durch die Implementierung der notwendigen Transformationsprozesse von den Erträgen zu den Einnahmen und von den Aufwendungen zu den Ausgaben sowie den ertragsneutralen Einnahmen und Ausgaben kommt man zur Liquiditätsplanung. Dieses Informationsblatt zeigt auf, wie die durchaus anspruchsvolle Aufgabe einer solchen Liquiditätsplanung bewältigt werden kann.
I.Definition und Zielsetzung
Definition der Liquiditätsplanung
Mit Liquidität werden die verfügbaren Flüssigen Mittel eines Unternehmens bezeichnet. Die Liquidität sichert die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens. Betriebswirtschaftlich werden in Abhängigkeit von zeitlichen Maßstäben unterschiedliche Liquiditätsgrade definiert. Hier beschäftigen wir uns nur mit der Liquidität I, die gleichbedeutend mit sofortiger Verfügbarkeit von Geld ist.
Bestandteile der Liquidität
Die Liquidität umfasst auch bestehende Kreditlinien bei Banken. Soweit diese noch nicht in Anspruch genommen sind, verfügt das Unternehmen über einen Liquiditätsrahmen. Zur Liquidität gehören:
Liquiditätsplanung als Grundlage für unternehmerische Entscheidungen
-
- Die Liquiditätsplanung kann eine wichtige Grundlage für folgende beispielhafte interne Unternehmensentscheidungen sein:
Die Liquiditätsplanung kann eine wichtige Grundlage für folgende beispielhafte externe Unternehmensentscheidungen sein:
Externe Entscheidungsträger sind Banken und Sparkassen aber Investoren und Gesellschafter. Die Liquiditätsplanung ist für folgende Entscheidungen relevant:
II.Liquiditätsplanung als wesentlicher Bestandteil der Unternehmensplanung
Unternehmensplanung
Eine Finanzplanung ist Bestandteil der gesamten Unternehmensplanung und sie besteht normalerweise aus nachfolgenden Elementen:
Bei einer integrierten Unternehmensplanung ergibt sich aus den Elementen der Ergebnisplanung und der Liquiditätsplanung die Planbilanz.
Finanzierungsstruktur als eine maßgebliche Stellgröße zur Unternehmenssteuerung
Die Finanzierungsstruktur bestimmt zu einem wesentlichen Teil den Umfang der Liquidität. Darüber hinaus bestimmt sie die Zinsaufwendungen. Als wesentliche Ausgangsgröße stellt sie fest, in welcher Höhe Eigen- und Fremdkapital vorhanden sind bzw. benötigt werden. Die wichtigsten Kriterien der Fremdkapitalfinanzierung bestehen in der Zinshöhe, der Zinsbindungsdauer und der Tilgungsbelastung. Langfristige Finanzierungen sind aufgrund der geringeren Tilgungsbelastungen eher geeignet für längerfristig nutzbare Anlagegüter, z. B. Immobilien, Maschinen oder Betriebseinrichtungen. Entsprechendes gilt für eine Mittelfristfinanzierung. Die kurzfristige Fremdfinanzierung sollte auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens beschränkt bleiben. Hierzu gehören beispielsweise Roh‑, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Lagerbestände.
Neben diversen Kreditarten kommen auch Leasing-Finanzierungen in Betracht. Zur Finanzierung von Kundenforderungen kann Factoring genutzt werden.
Ergebnisplanung als Ausgangsbasis
Die Rentabilitätsplanung liefert die Ausgangsbasis für die Liquiditätsplanung. In der Ergebnisplanung sind die Elemente Investitionsplanung und Finanzierungsplanung bereits verarbeitet. Die Ergebnisplanung orientiert sich im Regelfall an dem Gliederungsschema einer BWA oder GuV. Gegenüber dieser werden regelmäßig Umgliederungen und Zwischensummen gebildet z.B. im Sinne einer Deckungsbeitragsrechnung.
III.Transformation vom Ergebnis zur Liquidität
Notwendigkeit der Transformation
Grundsätzlich kann zwischen pagatorischen und zeitlichen Transformationen unterschieden werden. Die pagatorischen Transformationen hängen eng mit den Begriffspaaren Erträge / Einnahmen und Aufwendungen / Ausgaben zusammen. Das für die Liquiditätsplanung relevante Begriffspaar sind die Einnahmen und die Ausgaben, während der Ergebnisplanung die Begriffe Erträge und Aufwendungen zugrunde liegen. Nicht jeder Ertrag ist eine Einnahme (z.B. aufgelöste Rückstellungen) und nicht jede Einnahme ist ein Ertrag (z.B. Darlehensauszahlungen oder vereinnahmte Umsatzsteuer). Ebenso stellt nicht jeder Aufwand eine Ausgabe dar (z.B. Abschreibungen, Materialaufwand bei Vorratsbeständen) und nicht jede Ausgabe ist ein Aufwand (z.B. Investitionen, Tilgungen, gezahlte Vorsteuer, Einkauf von Vorräten).
Bei den zeitlichen Transformationen kommt es darauf an, die Zeitpunkte zu bestimmen, zu denen ein Ertrag eine Einnahme wird bzw. ein Aufwand eine Ausgabe.
Pagatorische Transformationen
Folgende pagatorische Transformationsprozesse sind typisch:
Elimination von Erträgen, die keine Einnahmen sind, z.B. aufgelöste Rückstellungen, aufgelöste Sonderposten mit Rücklageanteilen (Zuschüsse), Wertaufholungen im Anlage- und Umlaufvermögen.
Hinzufügung von Einnahmen, die keine Erträge sind, z.B. Darlehensauszahlungen, Kapitaleinlagen, erhaltene Anzahlungen, erhaltene Sonderposten mit Rücklageanteil (Zulagen, Zuschüsse), Erlöse aus Anlagenabgängen, soweit sie den Buchwert betreffen, Umsatzsteuer auf Erlöse.
Elimination von Aufwendungen, die keine Ausgaben sind, z.B. Bildung von Rückstellungen langfristiger Art (Pensions‑, Rekultivierungs‑, Rückbaurückstellungen), Verbrauch von Vorratsbeständen, Abschreibungen.
Hinzufügung von Ausgaben, die keine Aufwendungen sind, z.B. Investitionen, Anzahlungen, Tilgungen, Gewinnausschüttungen, Entnahmen, geleistete Anzahlungen, gezahlte Vorsteuern.
Zeitliche Transformationen
Bei diesen Transformationen ist zunächst die Frage zu beantworten, ob Erträge bzw. Aufwendungen der Ergebnisplanung unmittelbar liquiditätswirksam werden, was z.B. für Kassenbewegungen gilt. Für diejenigen Erträge und Aufwendungen, für die dies nicht zutrifft, sind Annahmen hinsichtlich des zeitlichen Versatzes zu treffen. Typischerweise hierfür sind:
Transformationstechnik
Manche Unternehmen erstellen ihre Liquiditätsplanung auf der Grundlage separat ermittelter Zahlungsströme. Da die Zahlungsströme extra erfasst werden müssen, ist diese Technik mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Gravierender erscheint noch der Nachteil, dass diese Technik ein hohes Abstimmungsrisiko birgt.
Geringere Risiken bestehen bei verknüpften Daten. Verknüpfte Daten bedeutet, dass die oben dargestellten notwendigen Transformationen in die Planungskalkulation eingearbeitet sind. Die Ergebnisplanung wird somit unmittelbar durch die festgelegten Transformationen zu einer Liquiditätsplanung umgerechnet.
Selbstverständlich kann das Ergebnis nur dann richtig sein, wenn die Rechenoperationen sowohl inhaltlich als auch rechentechnisch korrekt umgesetzt werden. Die Planung bedarf daher einer Plausibilitätskontrolle sowie einer Nachkalkulation.
Darüber hinaus ist regelmäßig zu überprüfen, ob die vorgegebenen Rechenoperationen noch der Realität entsprechen. So kann sich z.B. die Zahlungsmoral der Kunden im Laufe der Zeit verschlechtern. Deswegen sind die Zahlungsziele bei den Lieferanten ebenso wie die gewährten Zahlungsziele bei den Kunden zu optimieren und sorgsam im Auge zu behalten.
Nachfolgende Tabelle zeigt beispielhaft eine monatliche Liquiditätsplanung:
Liquiditätsstatus als Kontrollinstrument
Bei dem Liquiditätsstatus handelt es sich um die stichtagsbezogene Bestandsaufnahme der Liquidität. Durch Gegenüberstellung mit der Kreditlinie ergibt sich die zum Stichtag bestehende frei verfügbare Liquidität.
Die Liquiditätsplanung wird durch die Gegenüberstellung mit dem Liquiditätsstatus überwacht. Dieser Soll-Ist-Vergleich sollte zu jedem Monatsende erfolgen. Abweichungen sind daraufhin zu überprüfen, ob sie vorübergehender Art sind oder dauerhaft zu anderen Ergebnissen führen.
Bei dauerhaften Abweichungen wird es notwendig, die Liquiditätsplanung anzupassen. Dieser Anpassung kann sowohl seitens der Ergebnisplanung ein Forecast zugrunde liegen als auch neue Erkenntnisse zu Transformationsmechanismen.
Bei negativer Liquiditätsentwicklung können nachfolgende Korrekturmaßnahmen erforderlich werden
Auch bei besserer Liquidität können sich Handlungsempfehlungen ergeben
Résumé
Eine gut strukturierte Liquiditätsplanung ist insbesondere für KMUs ein unverzichtbarer Bestandteil des Planungsprozesses und der erfolgreichen Unternehmenssteuerung geworden. Während eine Ertragsplanung noch relativ hemdsärmelig erstellt werden kann, stellen sich bei der Liquiditätsplanung besondere Herausforderungen, da die Transformationsprozesse zwischen Erträgen und Einnahmen sowie Aufwendungen und Ausgaben ebenso abgebildet werden müssen wie Investitionen und Finanzierungsstruktur.
Die schwerste Krise die die Welt nach dem 2. Weltkrieg erlebt hat ist die gegenwärtige Corona-Krise. Sie verdeutlicht, wie wichtig eine sorgfältige Liquiditätsplanung für ein Unternehmen ist. Eine Liquiditätsplanung ist daher in ihrer Grundstruktur darauf auszulegen, auf kurzfristige Änderungen sofort reagieren zu können.
Deilmann Business Consulting ist seit Jahren auf das Thema der vollständigen Finanzplanung mit einer intergierten Gewinn- und Verlustrechnung, einer Liquiditätsplanung, einer Kapitalflussrechnung und einer Bilanzplanung für KMUs betraut. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Start-up oder um ein gestandenes Unternehmen handelt.
Neben der Planung, welche auf Monats‑, Quartals- oder Jahresbasis erarbeitet wird, sind die IST-Werte im jeweiligen Zeitraum gegenüber zu stellen. Auf diese Weise lassen sich sehr gut PLAN-/ IST-Abweichungen darstellen. Um einen belastbaren Rolling Forecast zu ermitteln, ist es zwingend notwendig, die liquiditätswirksamen und nicht liquiditätswirksamen Einflüsse der Eröffnungsbilanz zu erfassen. Die hier eingetragen Daten werden für die Ermittlung der zukünftigen Liquidität und der Bilanzen benötigt.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung!